THG-Quote: Reform verzögert sich erneut – Was das für Klima, Markt und Prämie bedeutet
- 2025-07-02

Folgen für THG-Prämien und Klima - Reform der THG-Quote kommt zu spät
Was hat die RED III damit zu tun?
Die THG-Quote dient dazu, den CO₂-Ausstoß im Verkehr zu senken. Diese verpflichtet Mineralölunternehmen, ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Wer das nicht selbst schafft, etwa durch den Einsatz von Biokraftstoffen, kann sich Emissionseinsparungen dazukaufen, wie zum Beispiel von E-Fahrzeug Haltern.
THG-Prämien können an E-Mobilisten ausgezahlt werden, so entsteht ein Markt, in dem „Treibhausgas-Zertifikate“ gehandelt werden. Wer saubere Energie nutzt, kann Geld verdienen. Wer fossile Kraftstoffe verkauft, muss zahlen, denn das Ziel ist es: den Umstieg auf saubere Mobilität attraktiver machen und Emissionen reduzieren.
Vorgaben aus Brüssel sind die Grundlage
Die THG-Quote ist nicht nur eine rein deutsche Idee – sie geht auf Vorgaben der Europäischen Union zurück. Die EU hat im Rahmen ihrer Klimapolitik die sogenannte RED III beschlossen: Das ist die dritte Version der „Renewable Energy Directive“, also der Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien. In dieser Richtlinie ist genau geregelt, welchen Anteil erneuerbarer Energien jeder Mitgliedstaat in verschiedenen Sektoren – zum Beispiel Verkehr – erreichen muss. Deutschland muss diese RED III in nationales Recht umsetzen.
Und genau da liegt das Problem: Die Umsetzung ins deutsche Recht kommt nicht voran – dabei wäre der dringende Handlungsbedarf längst mehr als offensichtlich. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder aufsehenerregend Betrugsfälle und massive Marktverzerrungen, weil klare gesetzliche Vorgaben fehlten oder viel zu ungenau waren. Eine echte Reform ist deshalb überfällig – nicht nur, um den verbindlichen Vorgaben aus Brüssel gerecht zu werden, sondern auch, um das System insgesamt glaubwürdiger, robuster, transparenter und fälschungssicher zu machen.
Ein Gesetz in letzter Minute - und dennoch zu spät
Die RED III wurde auf EU-Ebene längst beschlossen, und Deutschland ist verpflichtet, sie bis spätestens 2025 in nationales recht umzusetzen. Doch bislang liegt lediglich ein erster Entwurf für eine entsprechende Gesetzesänderung vor - konkret geht es um eine Anpassung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), das die Regelungen zur THG-Quote enthält. Dieser Entwurf wurde jedoch erst Mitte Juni 2025 vorgelegt. Geplant ist nun, dass das Bundeskabinett frühstens im Oktober darüber entscheidet und der Bundestag am 18. Dezember mit der ersten Lesung beginnt, also quasi unmittelbar vor Weihnachten.
Obwohl die RED III auf EU-Ebene bereits beschlossen wurde und Deutschland sie eigentlich bis spätestens 2025 umsetzen müsste, liegt aktuell nur ein erster Entwurf für eine Gesetzesänderung vor – genauer gesagt: Eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, wo die Regeln der THG-Quote verankert sind. Erst Mitte Juni 2025 kam der erste Entwurf. Geplant ist nun, dass das Bundeskabinett frühstens im Oktober 2025 darüber entscheidet und der Bundestag ihn am 18. Dezember voraussichtlich erstmals diskutiert – also quasi kurz vor Weihnachten.
Das Ganze wirkt wie gesetzgeberischer Aktionismus auf den letzten Metern – und kommt schlicht zu spät, um noch rechtzeitig Wirkung zu entfalten. Ein Gesetz gilt in Deutschland nämlich erst dann, wenn es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Und bis dahin sind noch einige verfassungsrechtlich vorgesehene Stationen zu durchlaufen: Bundestag, Bundesrat (wenn nötig), Bundesregierung, Bundespräsident. Das dauert – und zwar nicht selten deutlich länger als ein paar Wochen. Wenn die erste Lesung also erst kurz vor Weihnachten stattfindet, ist ein Abschluss aller Schritte noch im selben Jahr realistisch betrachtet kaum unmöglich.
Und selbst wenn das theoretisch klappen sollte, gilt: Verwaltung, Marktakteure, Plattformen und technische Systeme brauchen genügend Zeit für die Umstellung, darum wird in der Regel ein Puffer von mehreren Monaten eingeplant und solche Änderungen treten erfahrungsgemäß immer zum 1. Januar eines neuen Jahres eingeführt – nie mittendrin.
Das bestätigt auch der Blick in die Vergangenheit: Die letzte große BImSchG-Novelle zur THG-Quote (2021 für 2022) wurde im Sommer 2021 verabschiedet, obwohl das Inkrafttreten erst zum 1. Januar 2022 erfolgte. Und auch hier war die Umsetzungszeit für viele Beteiligte schon außerordentlich knapp.
Folgen für den Markt - Zwei Jahre Unsicherheit
Das schafft also ein erhebliches Zeitfenster der Unsicherheit – mit spürbaren Folgen für alle Marktakteure. Für Unternehmen, die im THG-Quotenhandel aktiv sind, bedeutet die Verzögerung vor allem eines: Über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren herrscht keine Klarheit darüber, welche Quotenhöhe künftig gelten wird. Das erschwert nicht nur die Preisbildung, sondern auch die Vertragsgestaltung und die strategische Mengenplanung erheblich.
Wie können sich die Quotenpreise entwickeln
Die anhaltende Unsicherheit über die künftige gesetzliche Grundlage beeinflusst den Marktpreis der THG-Quoten direkt – also den Betrag, der etwa für Strom aus E-Autos pro eingesparter Tonne CO² gezahlt wird.
Kurzfristig führt die zunehmende Gewissheit, dass der gesetzliche Zeitplan nicht einzuhalten ist, zu einem Preisverfall. Unsicherheit bremst den Handel aus: Anbieter verkaufen vorsorglich früher, während Käufer zögern und abwarten. Gleichzeitig steigt der Druck durch verschiedene Lobbyverbände - vor allem aus der Mineralölwirtschaft, die alles daransetzen, eine strenge Umsetzung zu verzögern oder gezielt abzuschwächen. Politische Einflussnahme, bewusste Verzögerungstaktiken und mögliche Klagen gegen einzelne Regelungen könnten das Inkrafttreten zusätzlich verzögern im Extremfall sogar vollständig blockieren.
Mittelfristig ist jedoch ein Preisanstieg denkbar, sofern das Gesetz ambitioniert umgesetzt wird und schließlich in Kraft tritt. Denn der aktuelle Entwurf enthält mehrere strukturelle Maßnahmen, die den Markt langfristig stabilisieren und die Qualität der eingesetzten Quoten deutlich verbessern könnten. Dazu zählen etwa der Wegfall der Mehrfachanrechnung für fortschrittliche Biokraftstoffe sowie neue Instrumente zur Betrugsprävention
Automatische Quotenanpassung: Schutz vor Betrug und Spekulation
Ein zentraler Punkt im aktuellen Gesetzesentwurf ist die geplante Einführung einer automatischen Quotenanpassung. Was auf den ersten Blick technisch klingt, hat in Wirklichkeit erhebliche Auswirkungen auf den markt - und soll gezielt Manipulationen verhindern und spekulativen Überhängen entgegenwirken.
Die dahinterstehende Idee ist einfach: Wenn in einem bestimmten Jahr zu viele günstige THG-Quoten im Umlauf sind, etwa weil sich Mineralölkonzerne frühzeitig mit Zertifikaten eingedeckt haben oder weil große Mengen fragwürdiger, teils betrügerischer Herkunft gehandelt wurden, soll das System automatisch gegensteuern.
Konkret bedeutet das: Im übernächsten Jahr werden die gesetzlichen Quotenvorgaben automatisch angehoben. Dadurch steigt die Nachfrage erneut an, und der Markt kann sich wieder stabilisieren.
Warum das wichtig ist:
Ohne wirksame Korrekturmöglichkeiten konnten sich die Player aus der Mineralölwirtschaft in den vergangenen Jahren mit billigen Quoten aus fragwürdigen oder gar betrügerischen Quellen eindecken. Diese Zertifikate werden nun in Folgejahren eingesetzt, um gesetzliche Verpflichtung mit minimalem Aufwand zu erfüllen mit gravierenden Folgen: Die Preise im Quotenhandel geraten unter Druck, und der Markt funktioniert nicht mehr als Anreizsystem für Klimaschutz, sondern wird zunehmend zur spekulativen Abrechnungsplattform.
Die vorgesehene automatische Anpassung der Quote soll dem entgegenwirken: Sie ermöglicht es dem System, auf veränderte Rahmenbedingungen – etwa politische Entscheidungen, technologische Entwicklungen oder Marktverzerrungen – dynamisch zu reagieren. So soll verhindert werden, dass das Quotenmodell zu starr bleibt und seine klimapolitische Wirksamkeit verliert.
Noch ist unklar, wie konkret diese Anpassung umgesetzt wird und wie verbindlich sie tatsächlich greift. Klar ist aber: Ohne einen solchen Mechanismus besteht die Gefahr, dass das System anfällig für Marktverzerrungen bleibt und langfristig seine Glaubwürdigkeit verliert.
Fazit: Ein weiteres Jahr der Stagnation?
Der weitere Verlauf der THG-Quotenpreise hängt maßgeblich davon ab, wie entschlossen und schnell die Politik jetzt handelt. Wird das Gesetz noch 2025 beschlossen, ambitioniert ausgestaltet und rechtlich sauber geregelt, steigen die Chancen auf stabile und verlässliche Quotenpreise und damit auf ein Marktumfeld, das echten Klimaschutz auch wirtschaftlich belohnt.
Doch aktuell deutet vieles darauf hin, dass eine wirksame Umsetzung der RED III zum 1. Januar 2026 kaum noch realistisch ist. Sollte es bei einem späten oder gar einem weiteren Jahr stagnierender Preise zu rechnen, ein Jahr des politischen Zögerns, das den Markt im Unklaren lässt und Investitionen ausbremst.
Wenn das System seine Steuerungswirkung nicht vollständig verlieren soll, braucht es jetzt ein klares politisches Signal – nicht irgendwann, sondern in den kommenden Wochen. Nur dann lässt sich verhindern, dass 2026 als weiteres verlorenes Jahr in die Geschichte der THG-Quote eingeht.